Ausstellung: Bepflanzte Häuser – GRÜN in der Architektur

VON EINSZUEINS

Bepflanzte Architektur. Unter Architekten und Bauplanern ist das ein heikles Thema. Umso spannender die Ausstellung „EINFACH GRÜN – Greening the City“ im DAM Deutsches Architekturmuseum Frankfurt, die viele – auch kritische – Fragen zu den Herausforderungen und Vorteilen bepflanzter städtischer Architektur beantwortet. Im Fokus stehen Möglichkeiten der  Haus-  und Dachbegrünung im Bestand und Neubau sowie internationale Beispiele für gelungene Grünbauten.

Eine LEBENDIGE Ausstellung:

Das heisst: jede Menge GRÜN in den Ausstellungsräumen. Mannshohe Fotostrecken. Das pflanzenbewachsene Museums-Logo zum Anfassen und Schnuppern. Weltweit haben namhafte Architekturbüros spezifische Abteilungen eingerichtet, die sich auf Gebäudegrün spezialisieren. Vorgestellt werden realisierte GRÜNbauten von Düsseldorf über Mailand bis Singapur, bereits Erprobtes und völlig neue Entwicklungen. Die Ausstellung bezieht Position: Architektur und Bauplanung müssen sich im Hinblick auf Grünflächen weiterentwickeln, Stadtlandschaften mit GRÜN aufgerüstet werden, nicht nur aufgrund ökologischer Aspekte.

Die Schau ist für Befürworter wie Skeptiker gleichermassen interessant. Sie bietet Aha-Erlebnisse, Werte-Verschiebungen, Perspektivwechsel, denn: Vor allem stellt sie sich den häufigsten Fragen und VORBEHALTEN gegenüber bepflanzter Architektur.

DESHALB Gebäudegrün in der Stadt:

«Weil es an der Zeit ist» heisst es schlicht im Ausstellungstext. In Wohnnähe raus ins Grüne gehen – diese Möglichkeit fehlt vielen Menschen in den Grossstädten. Wohnraum mit Garten oder Balkon ist extrem gefragt. Öffentliche Parks sind seit Corona noch stärker frequentiert. Bodengebundene Grünflächen gibt es in den Innenstädten meist zu wenig. Viele Flächen sind hoch verdichtet bebaut, nahezu „tot“.

Lebendiges GRÜN hilft der Stadtlandschaft auf mehrfache Weise. Es stärkt die Biodiversität, hält die Luft rein und den Lärm raus. Pflanzen im urbanen Raum binden Feinstaub und produzieren Sauerstoff. Vor allem die Überhitzung grosser Städte ist ein Problem, zumal heisse Sommer zunehmend Normalität werden. Innenstädte mit Beton- und Glasfassaden, starker Versiegelung und wenig Wind-Durchlüftung heizen sich stark auf, so dass auch nachts die Temperaturen nicht mehr unter 20 Grad sinken. Studien belegen messbare Verbesserungen des städtischen Mikroklimas bei Luftzirkulation, Beschattung und Wasserhaushalt, sobald neben Parks und Gärten auch Dächer, Fassaden – die Gebäudehüllen – begrünt werden.

Im Grunde ist jeder zusätzliche Quadratmeter GRÜN wertvoll. Begrünung kann Stadtlandschaften in mehrfacher Hinsicht «reparieren», auch als architektonisches Stilmittel.

Fragen, Fragen, FRAGEN:

Aber zerstören Pflanzen nicht Fassaden und Putze? Ist Begrünung nicht teuer? Und wer soll das pflegen? Wie ökologisch ist die Begrünung an der Gebäudehülle überhaupt, wenn man das Material mit einberechnet? Was kann Gebäudegrün gestalterisch leisten? Worauf muss man achten beim Begrünen von Bestandsgebäuden?

Neben wissenschaftlichen Perspektiven geht es vor allem um technische Möglichkeiten und ganz praktische Fragen. Auch wenn einige Zusammenhänge exemplarisch für Frankfurt erklärt werden – es gibt viel zu lernen und zu staunen. Nicht zuletzt Bäume einmal als «Mieter» wahrzunehmen, die anstelle von Geld mit Sauerstoff, Ästehtik sowie Lärm- und Feinstaubabsorption „zahlen“. Ein 10-minütiger FILM gibt Einblicke in das Thema und die Ausstellung. Online sind u.a. auch Gespräche mit Fachleuten zu finden. Hier geht es direkt zum Film (youtube).

Empfehlenswert ist das begleitende «Handbuch für Gebäudegrün». Es richtet sich an die Architekten- und Bauherrenschaft und die gesamte Stadtgesellschaft. Neben den FAQ zum Thema GebäudeGRÜN fasst es viele praxisorientierte Hinweise zur Begrünung von Bestandsgebäuden und Neubauten zusammen, auch einen Exkurs in die Geschichte bepflanzter Architektur, Pflanzenkunde, Ergebnisse aus der Klimaforschung, realisierte Gebäudebegrünungen sowie Erfahrungen von Planern und Architekten.

Jeder kann GRÜN:

Neben aufwändigen Architekturprojekten geht es auch darum, was jeder Einzelne vor der eigenen Haustür oder auf dem eigenen Garagendach machen – also pflanzen – kann. Kräuter, Baumlandschaften und Hängepflanzen statt graues Kiesdach und Betonfassade. Wilder Wein statt weißer Hausgiebel. Die grünen Inseln, meist versteckt in den Hinterhöfen der Stadt, verändern dennoch den Stadtraum positiv – atmosphärisch wie auch klimatisch.

Schon vor Ausstellungbeginn wurde zum Vorstellen grüner Projekte aufgerufen. Zahlreiche Einreichungen von Hausbesitzern, Unternehmen, Architekten, Planern, Landschaftsgärtnern zeigen das weite Spektrum der Möglichkeiten von High-Tech-Lösungen bis Low-Level-Umsetzungen, die unter Einsatz der passenden Mittel ebenso wirksam sind. Nach Frankfurt soll die Ausstellung weiter  wandern und dabei laufend WACHSEN.

 

Informationen und Links zur Ausstellung:
DAM Deutsches Architekturmuseum Frankfurt:
EINFACH GRÜN – Greening the City, zu sehen sobald die Museen wieder öffnen bis 11. Juli 2021

Infos zur Ausstellung, Gespräche und Begleitprogramm (Website des DAM)
Ausstellungs-Video (youtube) anschauen

 

 

Einfach Grün – Greening the City, Handbuch für Gebäudegrün
Herausgegeben von Hilde Strobl, Peter Cachola Schmal und Rudi Scheuermann / Deutsches Architekturmuseum (DAM), Frankfurt am Main, 2021 / ISBN 978-3-939114-10-9

 

 

 

Bilder: Beispiele aus dem «Handbuch für Gebäudegrün» und Ausstellungsfotos (Angela Sabo, Götz Schneider)